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Wofür braucht es überhaupt eine gesunde Selbstführung?
Ich liebe es, zu fliegen. Doch als ich letztes Jahr auf dem Weg nach Bali war, hat mich die nackte Angst gepackt.
Stell dir vor, du sitzt als Passagier:in in einem Flugzeug. Gerade bist du endlich etwas eingenickt …als aus dem Nichts Turbulenzen kommen. Du wirst durchgeschüttelt: Das Flugzeug ruckelt von Seite zu Seite und sackt plötzlich eine gefühlte Ewigkeit ab. Dann beruhigt es sich erstmal wieder. Doch du weißt nicht, wann es wieder losgeht. Sehnsüchtig wartest du auf die Stimme des Piloten, der dir versichert, dass du dir keine Sorgen machen musst.
Die Turbulenzen sind eine Metapher dafür, wie das Leben sein kann, nämlich eine holprige Reise mit vielen Luftlöchern.
Die Welt, die wir kennen, verändert sich in einem Tempo, bei dem einem schwindelig wird: ständige Veränderungen am Arbeitsplatz, Klimawandel, Rechtsruck und Kriege. Wer kann da noch zur Ruhe kommen?
Und auch das eigene Leben bleibt bei all den Veränderungen um uns herum ja nicht einfach plötzlich stehen. To do´s türmen sich auf, ständig will irgendwer was von dir und ach ja, dann sind da noch deine eigenen Bedürfnisse …
Um mit all dem zurechtzukommen, braucht es mehr als nur „Alles wird gut“- Mantras. Es braucht eine gesunde Selbstführung. Und dann kannst du auch deine Ruhe bewahren.

Was gesunde Selbstführung eigentlich ist
Gesunde Selbstführung bedeutet, das Steuer in die Hand zu nehmen und das Flugzeug selber zu fliegen, statt einfach nur Passagier:in zu sein und durchgeschüttelt zu werden.
Es geht darum, sich der eigenen Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen bewusst zu sein und diese aktiv so zu steuern, dass wir im Einklang mit unseren Werten leben und unsere Ziele erreichen. Das ist sowohl beruflich als auch privat von enormer Bedeutung.
Das Konzept der Selbstführung bzw. Self-Leadership wurde zunächst mit Blick auf Führungskräfte entwickelt. Dabei geht es um die Frage, wie man ein guter Leader bzw. eine gute Führungskraft sein kann.
Die Antwort ist: Um andere gut führen zu können oder um für andere ein gutes Vorbild sein zu können, muss man sich selbst gut führen können.
Und was ist nun gute Führung?
Blicke mal zurück und denke an die beste Führungskraft oder das beste Vorbild in deinem Leben.
Wahrscheinlich denkst du jetzt nicht an den grummeligen Chef, der dich regelmäßig angemotzt hat. Und auch nicht an die kühle Chefin, die immer Perfektion gefordert hat – ohne sie dann auch wertzuschätzen.
Sondern …an wen denkst du? Wie hat sie oder er sich verhalten? Was hat sie oder er gesagt?
Ich denke da an jemanden, die Ruhe ausstrahlt und gleichzeitig klar zu ihrem Standpunkt steht. Jemand, die sich treu bleibt und gleichsam für Neues offen ist. Jemand, die auch mal zuhören kann und wohlwollend ist statt perfekt.
Die 3 Pfeiler der Selbstführung
1) Selbstwahrnehmung (Self-Awareness)
Leadership beginnt erstens damit, zu wissen, wer du bist, und zweitens damit dir darüber bewusst zu sein wie du reagierst.
1a) Wissen, wer du bist
Hilfreiche Fragen, um dich besser kennen zu lernen:
- Was kannst du richtig gut / was liegt dir?
- Was macht dir Spaß, wo fühlst du dich wirklich lebendig?
- Was sind deine Entwicklungsbereiche?
- Worauf reagierst du allergisch?
- Was ist dir wirklich wichtig (Stichwort Werte)?
- Wo willst du wirklich hin (Stichwort Ziele)?
Ich weiß, diese Fragen sind unter Umständen seeehr groß und schwierig zu beantworten. Denn sie berühren deine Identität. Es geht auch nicht darum, sofort alle Antworten parat zu haben. Sondern es geht darum, sich mit diesen Fragen offen und neugierig auseinanderzusetzen, um dann schließlich Klarheit zu gewinnen und einen Kompass zu haben.
1b) Deine Reaktionen wahrnehmen
Neben den großen Identitätsfragen braucht es auch eine gute Selbstwahrnehmung in einem konkreten Moment:
- Denken: Was denke ich?
- Gefühle: Was fühle ich?
- Verhalten: Wie habe ich mich verhalten? Bzw. was ist mein Handlungsimpuls?
Zum Beispiel denkt Tina am Sonntagabend: „Die Woche wird furchtbar!“ Sie fühlt Enge in der Brust und ist besorgt. Worauf sie den Drang verspürt, ein zweites Glas Rotwein zu trinken oder Ben & Jerrys Eis in sich hinein zu löffeln, obwohl sie schon völlig satt ist.
Sofern sie es schafft, innezuhalten und nicht sofort zu reagieren, hat sie die Chance, ihrem gelernten Verhaltensmuster zu widerstehen und einen neuen Weg zu gehen.
Anderes Beispiel: Frank leitet ein Team von 10 Mitarbeitenden. Bei einer Teambesprechung denkt er, dass ein Mitarbeiter seine Kompetenz in Frage stellt. Er schämt sich erst und wird dann wütend. Sein Handlungsdrang ist es, hart durchzugreifen.
Sofern er es schafft innezuhalten und seinen Handlungsdrang zu hinterfragen, hat er die Chance einen anderen Weg einzuschlagen, z.B. indem er erstmal ruhig nachfragt, wie der Mitarbeiter seine Aussage denn gemeint hat.
2) Eigenverantwortung (Self-Responsibility)
Reflexion ist super wichtig – reicht aber alleine nicht aus.
Im zweiten Schritt geht es darum, auch wirklich Verantwortung für dich zu übernehmen und auf unbequeme Fragen Antworten zu finden. So wie dieser hier:
Lebst du das Leben, das du wirklich willst und das dich lebendig fühlen lässt, oder schlafwandelst du durch deine Tage und funktionierst nur noch?
Eigenverantwortung heißt, den eigenen Einfluss zu erkennen und bereit zu sein, Verantwortung für dich zu übernehmen. Verantwortung dafür zu übernehmen, dass es dir gut geht.
Verantwortung klingt erstmal nicht so sexy – im Gegensatz zu Freiheit. Allerdings sind Verantwortung und Freiheit untrennbar miteinander verbunden. Denn echte Freiheit bedeutet nicht, einfach tun zu können, was man will – sondern sich für etwas zu entscheiden.
Ein Beispiel für Eigenverantwortung: Yvonne kann ranklotzen und das tut sie auch – mit Erfolg. Doch über die Jahre weiß sie gar nicht mehr wirklich, wofür sie so hart arbeitet. Sie hat ständig Rückenschmerzen, ist gereizt und ihr Beziehungsleben lässt zu wünschen übrig.
Eigenverantwortung zu übernehmen bedeutet nun, sich einzugestehen, dass es ihr nicht gut geht. Sich einzugestehen, dass sie Unterstützung braucht, und sich diese dann auch zu holen.
3) Sinnvolles Handeln (Self-Regulation)
Hast du nun deine „Hausaufgaben gemacht“, dich gut reflektiert und bist ready Verantwortung zu übernehmen? Großartig! Jetzt kommt es darauf an, in die Umsetzung zu kommen.
Was du nun umsetzen sollst? Das kommt ganz auf deine persönlichen Ziele an.
Und dann ist da ja noch die Frage des wie? Auch darauf gibt es nicht die EINE Antwort.
Grundsätzlich geht es allerdings darum, aktiv Einfluss auf dein Denken, Fühlen und Handeln zu nehmen. Und zwar so, dass es dir langfristig damit gut geht. Kurzfristig würden Rotwein, Zigaretten, Schokolade und unter der Decke verkriechen sicher auch helfen, doch langfristig kann das eben leicht zu Folgeproblemen führen.
Denken wir zurück an Tina, die denkt, dass ihre Woche furchtbar wird und den Drang hat, sich in Essen oder Alkohol zu flüchten.
Sinnvolles Handeln wäre nun zum Beispiel, dem Rotwein zu widerstehen, stattdessen mit einer Freundin zu telefonieren und ihren Kalender für die nächste Woche zu entschlacken.
Hier erfährst du, wie du gut mit deinen Gefühlen umgehst: Blogartikel Umgang mit Gefühlen
Willst du wissen, wie du deinen inneren Kritiker leiser drehst? Dann schau hier: Umgang mit innerem Kritiker
Die Benefits gesunder Selbstführung
Vielleicht denkst du dir jetzt: „Puh, klingt ja ganz schön aufwändig, das Ganze …Lohnt sich das wirklich?“ JA, eine gesunde Selbstführung ist nicht easy, doch ich verspreche dir: Die Benefits sind es wert. Hier sind sie:
- Du weißt, was dir wichtig ist, setzt klare Prioritäten und triffst bessere Entscheidungen. Das ist Leadership und davon profitieren die Menschen um dich herum, als auch du natürlich.
- Du gehst gelassen mit Herausforderungen um und kannst Rückschläge besser bewältigen.
- Du nutzt deine Ressourcen bewusst und arbeitest effektiv. So hast du auch mehr von deinem Privatleben.
- Du verstehst dich selbst besser, bist anderen gegenüber klar und hast erfüllende Beziehungen.
- Du weißt dich zu motivieren und erreichst so nicht nur kurzfristige Ziele, sondern führst ein erfülltes, selbstbestimmtes Leben.
Möchtest du wissen, wie ich dich dabei unterstützen kann, diese Benefits zu erreichen? Hier findest du mehr zu meinem Angebot: https://svenja-adamek.de/online-beratung-psychologin/

Vergiss Disziplin & Dauerstress - Irrtümer über Selbstführung
Da draußen kursieren einige Irrtümer über gesunde Selbstführung, die schädlich sind und nur zu Frust führen.
1. „Gesunde Selbstführung bedeutet, durch Disziplin immer besser zu werden.“
➡️ Es geht bei gesunder Selbstführung NICHT um Selbstoptimierung und höher, schneller, weiter. Tatsächlich geht es um Selbstkenntnis, Flexibilität und kluge Strukturen – ohne sich ständig zu etwas zu zwingen.
2. „Ich muss alles allein schaffen.“
➡️ Es geht nicht darum, sich völlig autark durchzuschlagen. Im Gegenteil: Erfolgreiche Selbstführung erkennt an, wann Unterstützung nötig ist, sei es durch Menschen in deinem Umfeld, Netzwerke oder Coaching.
3. „Je mehr ich arbeite, desto besser führe ich mich selbst.“
➡️ Viele setzen Produktivität mit guter Selbstführung gleich. Doch gesunde Selbstführung bedeutet auch, Pausen einzuplanen, Grenzen zu setzen und sich zu erholen.
4. „Selbstführung heißt, meine Emotionen im Griff zu haben.“
➡️ Gesunde Selbstführung bedeutet nicht, Emotionen zu unterdrücken, sondern sie zu verstehen, bewusst damit umzugehen und sie als wertvolle Hinweise zu nutzen.
5. „Selbstführung heißt, immer in Balance zu sein.“
➡️ Ein ausgeglichenes Leben ist kein dauerhafter Zustand, sondern ein dynamisches Spiel aus Phasen der Anspannung und Erholung. Gute Selbstführung erkennt diese Zyklen und steuert bewusst dagegen oder mit ihnen mit.
Fazit
Die wichtigste Beziehung, die wir im Leben haben, ist die mit uns selbst. Und dennoch vernachlässigen wir sie viel zu oft.
Wer sich selbst wirklich gut kennt, Verantwortung für sein Denken, Fühlen und Handeln übernimmt und bewusste Entscheidungen trifft, navigiert sicherer durch die Höhen und Tiefen des Lebens. Es geht nicht darum, perfekt zu sein, sondern darum, dich selbst zu verstehen und aktiv zu gestalten, was dir wirklich wichtig ist – ohne dich dabei zu verlieren.
Von daher: Fliege das Flugzeug, statt einfach nur tatenlos drinzusitzen.
Alles beginnt mit Selbstführung.
Welcher ist dein erster Schritt?
Möchtest du meinen Support haben? Dann ist dein erster Schritt mit mir über deine Situation zu reden.