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Was Selbstführung ist – und was nicht
Selbstführung wird häufig missverstanden. Es geht nicht darum, sich rund um die Uhr anzutreiben oder jede freie Minute zu verplanen. Selbstführung heißt, sich seiner Stärken und Schwächen bewusst zu werden, realistische Ziele zu setzen und den eigenen Bedürfnissen Raum zu geben. Es bedeutet, einen Blick nach innen zu werfen, um sich weiter zu entwickeln – jedoch ohne sich selbst zu überfordern.
3 Fallbeispiele: Wie Führungskräfte sich und ihr Team ausbremsen
Perfektionismus: Wenn „gut genug“ nicht reicht
Ausgangslage: Juliane ist bekannt, als jemand, die sich für ihre Arbeit so richtig ins Zeug legt. Egal, um welche Aufgabe es sich handelt: Sie strebt grundsätzlich 120 % an und erlaubt sich keine Fehler. Bei anderen ist sie da etwas toleranter. Doch der Druck, den sie sich selbst macht, färbt natürlich auch auf ihr Team ab. Aus Julianes Sicht hat der Tag zu wenig Stunden. Denn weil sie immer alles perfekt machen will, häufen sich bei ihr jede Menge Überstunden an. Sie kommt nicht damit hinterher ihre Energiereserven aufzuladen und so verbringt sie ihre Wochenenden nur noch auf der Couch.
Was geholfen hat: Juliane hat im Coaching erkannt, dass hinter ihrem Perfektionismus die Angst vor Ablehnung steckt, davor nicht gut genug zu sein – ein Relikt aus ihrer Biografie, dass sie im Rahmen unserer Sessions verarbeitet hat. Heute setzt sie bewusst Prioritäten, delegiert mehr und akzeptiert, dass nicht alles perfekt sein muss. Dadurch schafft sie mehr in weniger Zeit – und ihr Team auch.

(Selbst-)Optimierung: Wenn kein Raum für Spontanität bleibt
Ausgangslage: Alex optimiert alles bis ins kleinste Detail: von seiner Ernährung übers Training bis hin zu Arbeitsmethoden wie minutiös geplanten Zeitblöcke und kontinuierlicher Leistungsüberwachung – was sein Team zunehmend stört. Und natürlich trackt er seine körperlichen Parameter. Eigentlich strotzt nur so vor Gesundheit. Doch seit ein paar Monaten ist er innerlich stark angespannt und hat immer wieder verschiedene körperliche Beschwerden. Bei einem Meeting hatte er dann so starke Schmerzen in der Brust, dass sein Kollege ihn in die Notaufnahme fuhr. Die Diagnose? Panikattacke.
Was geholfen hat: Im Coaching gestand sich Alex ein, dass er es mit seiner Optimierung übertrieben hatte. Er lernte verhaltenstherapeutische Strategien um gut mit seinen Ängsten und seiner inneren Anspannung umzugehen, was ihn offener und flexibler machte. Dadurch verbesserte sich die Beziehung zu seinem Team und deren Leistungsbereitschaft.
Mikromanagement: Wenn das Vertrauen fehlt
Ausgangslage: Vera hat sich eigentlich nie eine Führungsposition zugetraut. Nun da sie Führungskraft ist, will sie jeden Arbeitsschritt ihrer Mitarbeitenden kontrollieren – bis hin zu Kommafehlern. Sie glaubt, so könne sie die bestmöglichen Ergebnisse garantieren. Doch das ständige Eingreifen führt dazu, dass sich ihr Team bevormundet fühlt. So entsteht ein Klima der Unsicherheit, in dem Kreativität und Verantwortungsbewusstsein erstickt werden – und Vera selbst in die Überlastungsfalle tappt.
Was geholfen hat: Im Coaching wurde deutlich, dass Veras Mikromanagement weniger aus dem Wunsch nach Kontrolle als vielmehr aus ihrer eigenen Unsicherheit resultierte. Als sie lernte sich mehr zu vertrauen und souverän aufzutreten, konnte sie auch zunehmend ihrem Team mehr zutrauen und Verantwortung abgeben. Das führte zu einer deutlich entspannteren, produktiveren Arbeitsatmosphäre – ein Gewinn für alle Beteiligten.

Die Folgen, wenn Führungskräfte strugglen
Individuelle Folgen
Schlechte Führung hat zunächst mal für die Führungskraft üble Folgen. Sie erreicht auf Dauer die gewünschten Ergebnisse nicht, was zu noch mehr Stress und Frust führt. Zusätzlich wird sie auf lange Sicht Probleme und Konflikte mit ihrem Team bekommen. Das wiederum ist ein Nährboden für:
- Chronischen Stress bzw. Burnon: Der Körper bleibt in einer dauerhaften Alarmbereitschaft, was das Immunsystem schwächt.
- Reizbarkeit und emotionale Distanz: Beziehungen zu Kolleg:innen, Freunden und Familie leiden.
- Selbstzweifel: Das Gefühl, nicht gut genug zu sein verfestigt sich.
- Abnahme der kognitiven Leistungsfähigkeit: Konzentrationsprobleme, Vergesslichkeit und reduzierte Kreativität sind häufige Folgen.
- Ungesunde Bewältigungsstrategien: Z. B. übermäßiger Konsum von Alkohol, Zigaretten oder ungesundem Essen.
- Körperliche Beschwerden: Z.B. Rücken-, Kopf-, und Magenschmerzen, Herz- Kreislauferkrankungen etc.
- Burnout: Dauerhafte Erschöpfung, die sich körperlich und mental bemerkbar macht.
- Depression: Typische Anzeichen sind gedrückte Stimmung, wenig Antrieb, Freudlosigkeit und Schlafstörungen.
- Angststörungen: Anhaltende Sorgen, Nervosität oder sogar Panikattacken können auftreten.
Folgen fürs Unternehmen
Die negativen Auswirkungen beschränken sich nicht auf die einzelne Führungskraft:
- Steigende Fehlzeiten: Krankheitsbedingte Ausfälle nehmen zu.
- Verpasste Deadlines: Projekte leiden unter ineffizienter Planung und Ausführung.
- Kündigungswellen: Engagierte Mitarbeiter:innen verlassen das Unternehmen, weil sie das belastende Klima nicht mehr ertragen.
- Schlechtes Arbeitsklima: Frust und Überforderung breiten sich aus, was die Motivation aller senkt.
- Mangel an Führungskräften: Niemand möchte mehr Verantwortung übernehmen, wenn das Vorbild ständig am Limit ist.
Fazit: Selbstführung ist kein Malen nach Zahlen
Alles beginnt mit Selbstführung. Und in einer Arbeitswelt, die immer herausfordernder wird, kommen wir um eine gute Selbstführung nicht mehr herum. Doch Selbstführung ist ein eben auch ein schmaler Grat zwischen Leistungsbereitschaft und Achtsamkeit.
Eine Führungskraft, die ihre eigenen Bedürfnisse ernst nimmt und sich selbst reflektiert, schafft ein Umfeld, in dem auch andere wachsen können. So bleiben Talente im Unternehmen, Projekte werden effizient umgesetzt und langfristig entsteht eine Kultur des Vertrauens, in der sowohl die individuelle als auch die unternehmerische Gesundheit im Mittelpunkt steht.
Gesunde Selbstführung ist kein Malen nach Zahlen – es gibt nicht DIE EINE Anleitung, die für jede und jeden passt. Das zeigen die unterschiedlich gearteten Fallbeispiele zu Perfektionismus, Optimierungswahn und Mikromanagement, die ich noch um etliche weitere ergänzen könnte. Zum Beispiel um Führungskräfte, die um der lieben Harmonie willen Konflikte vermeiden. Oder um Führungskräfte, die in die chaotische oder in die impulsive Richtung tendieren.
Hinzu kommt: Selbstführung ist kein Ziel, das man einfach abhakt, sondern work in progress. Denn wir und unsere Umgebung verändern uns permanent. Entsprechend braucht es Flexibilität und lifelong learning.
Ich bin für Sie da
Als Psychologin und Verhaltenstherapeutin unterstütze ich Sie und Ihre Führungskräfte mit gezielten 1:1-Coachings für Führungskräfte, um eine Arbeitskultur zu schaffen, die Wohlbefinden, Zugehörigkeit und wirtschaftlichen Erfolg miteinander verbindet.
