Umgang mit Panikattacken: Verstärkst du ungewollt deine Ängste?

Headshot von Svenja Adamek

Diplom-Psychologin & Psychotherapeutin mit Schwerpunkt Verhaltenstherapie

Psychologische Onlineberatung

Frau hat achtsam ihre Hände auf der Brust. Text: Panikattacken überwinden: Was wirklich hilft

Der Umgang mit Panikattacken ist für viele eine enorme Herausforderung. Herzrasen, Schwindel, Druck in der Brust: Wer das einmal erlebt hat, weiß, wie beängstigend es ist. Kein Wunder also, wenn man die nächste Attacke mit aller Macht verhindern will. Doch ironischerweise ist genau dieser Versuch, die Angst loszuwerden, das, was sie verstärkt. Die Akzeptanz- und Commitmenttherapie (ACT) zeigt einen anderen Weg: Statt Kampf und Vermeidung geht es darum, mit der Angst in Kontakt zu treten – achtsam, mit Selbstmitgefühl und ohne sich von ihr beherrschen zu lassen.

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Eine Panikattacke ist ein intensiver Angstanfall, der scheinbar „aus dem Nichts“ auftritt. Der Körper schaltet blitzschnell in Alarmbereitschaft. Typische Symptome sind Herzrasen, Atemnot, Schwindel, Zittern oder das Gefühl, nicht wirklich da zu sein.

Bedrohlich wird die Attacke vor allem durch Interpretationen wie: „Ich verliere die Kontrolle.“, „Ich kippe gleich um.“ oder „Ich habe einen Herzinfarkt.“ Diese Gedanken lösen zusätzliche Angst aus. Kein Wunder also, wenn man die nächste Attacke um jeden Preis verhindern will. Doch so entsteht die „Angst vor der Angst“ – ein Teufelskreis, der weitere Attacken begünstigt und den Umgang mit Panikattacken zusätzlich erschwert.


2. Warum der Kampf gegen Angst sie verstärkt

Unser Nervensystem kennt in Gefahrensituationen drei Reaktionen: Flucht, Kampf oder Erstarren. Diese Mechanismen sind überlebenswichtig, wenn eine echte Bedrohung vorliegt. Bei Panikattacken gibt es jedoch in den allermeisten Fällen keine äußere Gefahr – bloß das innere Alarmsystem springt an.

Wenn wir anfangen, gegen die Angst zu kämpfen, signalisieren wir dem Körper: „Ja, hier ist wirklich Gefahr.“ Damit verstärken wir sie ungewollt. Viele Menschen reagieren deshalb mit Vermeidung: Sie meiden Orte, Situationen oder sogar Gedanken, die Angst auslösen könnten. Kurzfristig bringt das durchaus die erhoffte Erleichterung. Doch langfristig führt es in eine Abwärtsspirale – das Leben wird enger, der Radius, in dem man sich bewegt, wird kleiner und die Angst wird größer. Ein gesunder Umgang mit Panikattacken bedeutet daher nicht Vermeidung, sondern ein neues Verständnis für die Angst.

Darstellung einer Frau, die panisch ist. Sichtbar ist ein offener Mund und Hand auf der Brust.


3. Häufige Fehler im Umgang mit Panikattacken

Aus Sicht der Akzeptanz- und Commitmenttherapie ist weniger eine Panikattacke an sich das Problem. Sondern es geht vielmehr darum, wie man mit einer Panikattacke umgeht. Denn der Umgang mit der Angst entscheidet darüber, ob man in einen Angst-Teufelskreis eintaucht und eine sogenannte Panikstörung entwickelt, oder eben nicht.

Hier erfährst du mehr über die Akzeptanz- und Commitmenttherapie.

Hier eine Übersicht von Verhaltensweisen, mit denen man die Panik in den Griff bekommen möchte, sie letztlich aber verschlimmert:


3.1 Orte, Situationen oder Aktivitäten meiden

Keine Konzerte mehr besuchen, bestimmte Wege nicht gehen oder nicht mehr zum Sport gehen, um ja keine Angst aufkommen zu lassen. Vermeidung führt kurzfristig zu Erleichterung, verstärkt aber langfristig die Angst und schränkt das Leben ein.


3.2. Kontrolle erzwingen wollen

Der Versuch, Panikgefühle, Herzrasen oder bestimmte Gedanken mit aller Macht wegzudrücken, kann zwar für einen winzigen Moment funktionieren. Doch es verstärkt die innere Anspannung und macht die Attacke damit schlimmer.


3.3 Gegen die eigenen Gefühle kämpfen

Innere Erfahrungen wie Panik oder körperliche Reaktionen als Feind zu sehen führt dazu, dass man letztlich sich selbst bekämpft und die Angst dadurch ungewollt stärker wird.


3.4 Die eigenen Gedanken mit Tatsachen verwechseln

Gedanken wie „Ich halte das nicht aus“, „Ich werde umkippen“ oder „Ich verliere die Kontrolle“ werden für absolute Wahrheiten gehalten, statt sie als Gedanken zu erkennen. Das befeuert die Angst.


3.5 Werte aus dem Blick verlieren

Das Leben wird immer stärker nach der Angst ausgerichtet statt nach dem, was einem im Leben wirklich wichtig ist, wie z. B. eine gute Freundin oder ein guter Freund sein, eine liebevolle Beziehung führen oder neue Orte zu entdecken. So wird das eigene Leben leerer und die Angst bekommt mehr Raum.

Kleine Katze, die unter einer Decke hervorlugt.


4. Ein neuer Ansatz: Akzeptanz statt Widerstand

Der Schlüssel für einen hilfreichen Umgang mit Panikattacken liegt darin, die Angst nicht länger als Feind zu sehen. Es wird eine Ursache dafür geben, warum du mit Angst oder Panik reagierst. Vielleicht kannst du diese Ursache erkennen, vielleicht aber auch nicht. Doch lass mich dir aus meiner Erfahrung aus bald 15 Jahren Therapie sagen: Da ist eine Ursache, warum deine Psyche so reagiert wie sie es tut. Dein Gehirn will dir helfen – auch wenn es das vielleicht gerade auf eine Art und Weise tut, die dir nicht passt.

Wenn Gefühle, Erinnerungen oder Körperempfindungen dein Gegner sind, bekämpfst du letztlich dich selbst – deine Geschichte, deinen Körper, dein Inneres. Das ist ein Kampf, bei dem es nur Verlierer gibt.

ACT schlägt vor, Angst als etwas zu betrachten, das dazugehört: ein Echo deiner Vergangenheit, das im Hier und Jetzt spürbar wird. Gefühle sind keine Bedrohung, sondern deine Geschichte, die vom gegenwärtigen Moment berührt wird. Wenn du sie mit Würde und Mitgefühl hältst, verlieren sie ihren Schrecken.

Akzeptanz bedeutet dabei nicht, Panik „gut zu finden“ oder sich damit abzufinden, dass es immer so bleiben muss. Es bedeutet vielmehr: „Gerade ist es so, wie es ist – und ich kann trotzdem entscheiden, wie ich leben will.“

Genau diesen neuen Ansatz vertiefe ich auch in meiner Arbeit als Psychologin & Verhaltenstherapeutin. Hier findest du mein Angebot für dich: https://svenja-adamek.de/online-beratung-psychologin/

Frau schaut zum Meer, sichtbar von hinten mit geöffneten Armen und Blazer in der Hand.


5. Defusion – Abstand zu angstmachenden Gedanken gewinnen

Um Angst gelassen begegnen zu können, nutzt ACT zwei wichtige Werkzeuge: Defusion und Self-Kindness.

Defusion heißt, Abstand zu den eigenen Gedanken zu gewinnen und nicht alles zu glauben, was das „Kopfkino“ ausspuckt. Wenn in der Angstattacke der Gedanke kommt: „Das ist das Ende!“, kannst du innehalten und dir bewusst machen:

„Aha, ich habe gerade den Gedanken, dass dies das Ende ist.“

Allein dieser kleine Schritt kann dafür sorgen, dass aus dem lauten Angstmacher-Gedanken eine Beobachtung wird. „Ich habe den Gedanken, dass…“ schafft Distanz – du bist nicht mehr völlig verstrickt, sondern die Beobachterin oder der Beobachter deiner Gedanken.


6. Self-kindness – Mit dir selbst freundlicher umgehen

Self-Kindness bedeutet, dir selbst so zu begegnen, wie du es bei einer guten Freundin tun würdest: mit Verständnis und Fürsorge anstelle von Kritik. Statt dir Vorwürfe zu machen („Warum bin ich so schwach?“), kannst du üben, dir selbst mitfühlend zu begegnen („Es ist gerade schwer – und das ist okay“).

Frau lächelt, mit geschlossenen Augen und Händen auf dem Herz


7. Zwei wirksame Übungen für den Alltag bei aufkommender Angst

Hand aufs Herz

Lege eine Hand auf deine Brust, atme tief ein, lang wieder aus und sage dir innerlich: „Ich darf fühlen, was immer ich fühle.“

👉 Diese kleine Geste verbindet dich direkt mit dir selbst – sie signalisiert deinem Körper Sicherheit und wirkt beruhigend.

 

Mit der Gedankenstimme spielen

Wenn ein belastender Gedanke kommt (z.B. „Ich verliere die Kontrolle“), sag ihn dir innerlich ca. 30 Sekunden lang. Du kannst ihn mit einer übertrieben hohen Stimme sagen, mit einer tiefen, schnell und langsam, du kannst den Gedanken singen oder mit der Stimme einer Comicfigur wie Donald Duck sagen.

👉 So merkst du: Der Gedanke hat keine magische Macht – er ist nur eine Abfolge von Worten. Dabei geht es nicht darum, die Symptomatik ins Lächerliche zu ziehen. Panik ist sehr belastend. Und gleichzeitig hat sich diese Strategie als sehr hilfreich erwiesen.

 

Diese Übungen nehmen die Angst nicht sofort weg, doch sie verändern deine Haltung: von Widerstand hin zu Freundlichkeit und Offenheit.

Sonnenaufgang am Strand, sichtbar sind Hände auf einer Terrasse, die eine Tasse halten


8. Fazit – Angst annehmen, Leben zurückgewinnen

Im Kern geht es beim Umgang mit Panikattacken nicht darum, sie vollständig loszuwerden. Panikattacken sind nicht das eigentliche Problem – es ist unser Kampf gegen sie, der die Spirale verstärkt. Wenn wir versuchen, Angst wegzudrücken oder uns vor ihr zu verstecken, wird sie nur mächtiger.

Ein neuer Weg öffnet sich, wenn wir lernen, Gefühle und Gedanken anzunehmen, statt sie zu bekämpfen. Mit Akzeptanz, Defusion und Self-Kindness wird Angst von einem Gegner zu einem Begleiter – ein Signal aus unserer Geschichte, dass wir mit Würde und Freundlichkeit halten können, während wir uns auf das Leben konzentrieren, das uns wirklich wichtig ist.


Ich bin für Dich da

Möchtest du lernen, gelassener mit deiner Angst umzugehen und Panikattacken nicht länger dein Leben bestimmen zu lassen? Als Psychologin & Verhaltenstherapeutin unterstütze ich dich dabei, einen neuen, freundlicheren Umgang mit deinen Gefühlen zu entwickeln – damit dein Leben wieder leichter und freier wird.

Psychologische Beratung für Führungskräfte

Quellen:

Hayes, S. C. & Lillis, J. (2013). Akzeptanz- und Commitment-Therapie. München: Reinhardt.

Hayes, S. C. & Smith, S. (2007). In Abstand zur inneren Wortmaschine. Ein Selbsthilfe- und Therapiebegleitbuch auf der Grundlage der Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT). Tübingen: dgvt.

Hayes, S. C. & Strosahl, K. D. & Wilson, K. G. (2014). Akzeptanz- und Commitment-Therapie. Achtsamkeitsbasierte Veränderungen in Theorie und Praxis. Paderborn: Junfermann.

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